Auf Deutsch übersetzt beschäftigen wir uns hier mit dem Prinzip der drei Schwestern, eine indigene Mischkultur aus Mais, Bohne und Kürbis.
Mais, Bohne und Kürbis – eine nette Familie oder?
Im Rahmen meiner Vorträge, Workshops oder in konkreten Projekten unter permakulturellen Prämissen betone ich redundant die Sinnhaftigkeit von Mischkulturen, die sich im Gegensatz zu Monokulturen immer als gesündere und robustere Pflanzfamilie bewährt haben. Das wussten Bauern und Gärtner schon vor mehreren Tausenden Jahren und gilt bis heute noch. Dazu muss man das Rad nicht laufend neu erfinden, ein neugieriger Blick nach hinten reicht schon.
In Mischkultur werden dabei die Pflanz
en in Gruppen und in unterschiedlichen Konstellationen nahe beieinander angesetzt. Der Vorteil an Mischkulturen besteht darin, dass für mich Pflanzen generell beseelte Wesen sind, die sich in Gruppen oder Verbänden nicht nur wohl fühlen, sondern sie unterstützen sich gegenseitig, interagieren miteinander, kommunizieren und leben einfach miteinander. Ein Blick in die Natur offenbart eindrucksvoll, dass überall Mischkulturen existieren, egal, wohin man schaut. Vor allem in menschfreien Natur- und Landschaftsräumen, wo noch keine anthropogenen Eingriffe und Einflüsse die Vorgaben der Natur auf den Kopf stellten, deutlich sichtbar.
Die Drei Schwestern: Mais, Bohne und Kürbis
Dezidiert erkläre ich die familiäre Verbundenheit am Beispiel der drei Schwestern („tres hermana“ oder eben milpa in Süd- und Lateinamerika). In der praktischen Um
setzung bedeutet dies, die Morphologie und die Anatomie der Pflanzen, hier über Mais, Bohne und Kürbis zu wissen, das wäre recht hilfreich. Angesichts der Regenzeiten in Süd- und Lateinamerika bewährten sich bis heute kleine Hügelbeete bei der Neuanlage von Kulturen. Bei Hügelbeeten sprechen wir von leicht angehäufelten in die Höhe, etwa 80-100 bis 80 cm und bis zu 30cm hoch. Als Erde verwendet man die zuvor selbst hergestellte dunkle Erde, terra preta genannt, eine aus dem Amazonas-Gebiet stammende Idee, um humusreiche Erde in den zuweilen nährstoffarmen Boden einzubringen (terra preta wird später erklärt). Bewährt hat sich für die Gruppenbepflanzung eine leicht elliptische Form mit einer Ausrichtung in der Nord-Süd-Achse.
Zunächst werden die für unsere konkrete Familiengruppe auserwählten Maissamen im Abstand von etwa 40-60 cm (etwa 3 pro pro Hügelbeete) im Boden vergraben. Später, wenn der Mais etwa 10-15 cm gewachsen ist, werden Bohnen und Kürbisse abwechselnd rund um den Mais ausgesät, deren Samen dürfen gleichzeitig ausgesät werden.
Die drei Früchte profitieren voneinander
er und versorgen sich untereinander, daher lohnt es sich, einen Blick auf ihre unterschiedlichen Talente zu werfe. Der Mais als Tiefwurzler fungiert als Rankgerüst für die Bohnen, so wie wir in der „wilden“ Natur viele Kletterpflanzen Sträucher oder Bäume als Kletterhilfen in Anspruch nehmen, wie die Maracuja, die gerne Mal an der echten Feige hochrankt. Die Bohnen als Leguminosen zeichnen sich durch ihre Fähigkeit aus sogenannte Knöllchenbakterien ausbilden zu können. Mithilfe dieser Knöllchenbakterien fixieren sie den wertvollen Stickstoff als Dünger im Boden und reichern die Böden damit an. Stickstoff N fördert das Wachstum der Pflanzen, erhöht die Bodenfruchtbarkeit und unterstützt die Blatt- und Stängelentwicklung. Stickstoff zählt zu den wichtigsten Bestandteilen in der Natur und in allen Wesen, wird im Boden angereichert und von den anderen Pflanzen zum Wachsen und Leben genutzt. Bei Stickstoff handelt es sich um einen Baustein des Chlorophylls und ohne Stickstoff funktioniert die Photosynthese nicht. Stickstoff, im Grunde ein Gas, bildet einen Bestandteil von Enzymen, die wichtige Aufgaben in den Stoffwechselprozessen innerhalb der Pflanze erfüllen. Jedes einzelne Wesen setzt sich aus unzähligen Zellen samt ihren Chromosomen und den damit verbundenen Erbinformationen, ihrem Bauplan zusammen. Ohne Stickstoff gäbe es diesen Bauplan, also auch uns, nicht.
Stickstoff N
Die Bohne als Leguminose versorgt ergo die anderen Pflanzen mit Stickstoff. Der Kürbis dagegen fungiert als Mulchdecke und breitet sich am Boden aus. Er bremst den forschen Beikrautwuchs, schützt vor Verdunstung und hält die Feuchtigkeit im Boden. Die Kürbisblätter erschaffen ein kleines Mikroklima, welches allen nützt. Die Haare der Triebe halten Schädlinge ab, den Läuse haben es gerne glatt, wenn sie auf Wanderschaft sind. Zudem sorgt der Kürbis für einen ausgeglichenen Vitaminhaushalt aller Beteiligten.
Das Wort Milpa bedeutet so viel wie „das nahe Feld“ und diese Kultur ist heute noch in Mexiko allgegenwärtig. Eine Idee, die vor allem auf die Kultur der Mayas zurückzuführen, die ihre Milpa-Felder wahrhaftig in der Nähe ihrer Wohnstätten etablierten. Eine Idee, die später die Inkas ebenso übernahmen wie heute ein paar Kulturbetriebe.
Milpa bedeutet dabei, dass Mais, Bohnen und Kürbis als „tres hermanas“ (drei Schwestern) zusammen auf demselben Feld angebaut werden und sich gegenseitig unterstützen. Es gibt unzählige Zusammensetzungen von Mischkulturen, die gut funktionieren und den denselben Impetus verfolgen. Die Idee, die im Grunde dahintersteckt, zielt in die Richtung, fortwährend eine reiche Ernte und gesunde Pflanzen zu garantieren. Die drei Schwestern zeichneten früher für die Grundversorgung der indigenen Völker sicher: Mais ist ein energielieferndes Getreide, das lange gelagert werden kann und zum Herstellen von Tortillas und vielen anderen Grundnahrungsmittel bis heute verwendet wird. Bohnen kennen wir als wichtige Eiweißlieferanten und Kürbisse enthalten Vitamine und Mineralstoffe. Zusätzlich möchte ich erwähnen, dass Mais die Aminosäuren Lysin und Tryptophan beinhaltet, die der menschliche Körper zur Erzeugung von Proteinen und Niacin benötigt. Bohnen enthalten ebenfalls beide Aminosäuren, ergo sehen wir in der tollen Kombination mit Mais ein ausgewogenes Menu vor uns.
Nachhaltige Bodenpflege und Erntemethoden
Mit dem Wissen und den Kenntnissen über eine garantierte gesunde Grundversorgung bewährte sich diese Form der Mischkultur bis heute recht erfolgreich. Nicht unerwähnt möchte ich den demütigen Zugang zur Natur und die Dankbarkeit ihr gegenüber seitens der indigenen Völker, wie wir es teilweise selbst miterleben durften. Daher scheint es mir wichtig, auf die Form der Ernte einzugehen, die immer von Zeremonien begleitet ist. Mich selbst begeistert daher die „cosecha honorable“, die ehrenhafte Ernte, in deren Rahmen nicht alle Kulturen wild abgeerntet werden, sondern immer ein Teil in die Natur zurückgeführt und durch zusätzliche Gaben ergänzt wird. Eine Praxis, die wir in Europa oder den Vereinigten Staaten vergebens suchen.
In der Regel halte ich einen sorgsamen Umgang mit den Kulturen und dem Boden als Fundament für ratsam. Besonderes Augenmerk lege ich daher auf die Bodenstruktur und die Bodenbearbeitung. Auf vorbereiteten fruchtbaren Feldern, wie es in der Permakultur gängige Praxis sein sollte, entfällt die Notwendigkeit der Düngung, da sich in Mischkutur die Pflanzen untereinander versorgen. In Süd- und Lateinamerika durchläuft Milpa meist nur drei Jahre lang eine intensiv Bewirtschaftung, worauf eine zehnjährige Brache folgt. Wir wissen, dass vor allem Mais und Kürbis zu den Starkzehrern zählen, demzufolge den Boden prächtig in Anspruch nehmen und aussaugen. Umso wichtiger stellt sich die Regenerierung mittels der Brache dar oder einer milden Fruchtfolge mit Schwachzehrer oder Leguminosen dar. Fruchtfolge. Eine weitere in Süd- und Lateinamerika populäre Praxis zur Bodenregeneration lernen wir in Form deiner gesteuerten Brandrodung kennen. Nicht zu verwechseln mit den programmierten absichtlichen Brandrodungen zur Vernichtung von Vegetationsflächen. Hier zielen die Brandrodungen auf die Wahrungen unserer Basis, den Böden. Durch die Brandrodungen gelangen Nährstoffe und organisches Material wieder in den Boden. In Regionen, wo diese Praxis nicht geduldet wird, dienen Flächenkompostierungen oder dichte Mulchdecken dem gleichen Zweck.