Die botanischen Defizite sind erstaunlich – die Lösungen auch
Im ersten Beitrag dieser Serie haben wir versucht, die Probleme der, durch die fehlende botanische Unterstützung verursachten Ereignisse darzustellen. Danach haben wir begonnen den ökologischen Nutzen der Pflanzen zu beschreiben (siehe Infobox) und Lösungen zu bieten. In der letzten Ausgabe können Sie das Wirken der Pflanzen als Hochwasser-, Immissionsschutz und Schutz vor Lärm und Wind nachlesen. Eine Vielzahl an Leserreaktionen hat uns dazu erreicht und wir freuen uns darüber, doch das eine oder andere in den Köpfen unserer Leser zu bewirken. Diesmal widmen wir uns den Eigenschaften der Pflanzen als Maßnahme gegen Dürren und Hitzen. Bleiben sie dran!
Die Herausforderungen für Fauna und Flora nehmen zu, nicht nur die Menschen selbst haben mit den veränderten Klimabedingungen neue Aufgaben zu lösen, auch die Pflanzen. Pflanzen sind in der Lage, erstaunliche Strategien zur Bewältigung und zur „Beantwortung“ klimatischer Fragen zu entwickeln. Zunächst möchte ich festhalten, dass das Überleben in der Dürre, in Trockenperioden, erlernt werden kann. Tatsächlich und für viele entbotanisierte Menschen gleich eine Überraschung: Pflanzen „merken“ sich Stress-Erfahrungen. Die Gefährdungen durch schwere Dürren werden in Zukunft steigen, die Intensitäten höher und die Intervalle werden kürzer. Die Wasserverfügbarkeit wird neben dem Umgang mit Trockenstreß für die Pflanzen eine maßgebliche Rolle spielen. Dabei spielen neben der Genetik bei Pflanzen auch ihre individuelle Vorgeschichte und ihre beeindruckende Fähigkeit, schnelle Anpassungsmechanismen zu entwickeln, eine Rolle. Ob nun gegen Erosionen, Hochwasser, Brände oder eben Dürren, es ist auch die Artenzusammensetzung, die für die Widerstandsfähigkeit, die Fitness und Robustheit der Pflanzen entscheidend ist.
Ökologische Fragen – botanische Antworten
Eigentlich sollte es jeder aufmerksame Gartenbesitzer wissen: regelmäßig gegossene Pflanzen verbrennen bei Hitze oder machen schlichtweg schlapp; Pflanzen dagegen die in Ruhe gelassen werden überstehen in der Regel längere Trockenperioden. Und warum? Ganz einfach, weil sie „gescheit“ sind, sie sind zuweilen härter im Nehmen wie wir oft denken. Sie realisieren durchaus, was in ihrer Umgebung passiert, sie nehmen jeden exogenen Reiz wahr und entwickeln daraus ihre Überlebensstrategien – daher Finger weg von Bewässerungsanlagen, damit schadet man mehr den Pflanzen als ihnen zu helfen.
Es ist inzwischen erwiesen, dass Pflanzen, die immer mal wieder trockenen Perioden ausgesetzt sind, daraus offenbar eine höhere Widerstandskraft gegen Wassermangel „erlernen“. Sie haben gelernt, wie sie mit Trockenstress umzugehen haben und „erinnern“ sich später immer daran. Ein Phänomen, welches in der Forschung noch nicht zweifelsfrei belegt werden konnte, da noch nicht völlig klar ist, wie die Pflanzen dies wirklich machen. Vermutlich funktioniert dies durch eine Ansammlung von speziellen Proteinen unter Wassermangel, die dann bei erneutem Trockenstress schnell aktiviert werden können oder auch mögliche epigenetische Veränderungen sind denkbar.
Botanischer Sonnenschutz – wie der Hitze trotzen?
Natürlich gibt es Pflanzen, die Strategien gegen Dürren, die Hitzebelastung, entwickelt haben, die ich einfach faszinierend finde. So spielt hier das Cytoplasma (früher Protoplasma) eine wesentliche Rolle. Es ist verantwortlich für die internen Stoffwechselprozesse, bedeutet, eine effektive Abschirmung des Cytoplasmas vor Hitze oder eine Erhöhung der Widerstandskraft stehen im Vordergrund. Eine gefährliche und zu hohe Überhitzung (oder Strahlungsüberhitzung) vermeiden zum Beispiel einige Hartlaubgewächse (wie Oliven, Lorbeer, Korkeiche u.ä.), entweder über die Blattstellung oder die Fähigkeit, ihre Blätter einrollen zu können (wie es Gräser können) oder eben durch das Hängenlassen der Blätter. Hartlaubgewächse verfügen über Blätter, die klein und hart sind, eine stabile Cuticula und geringe Transpirationsflächen haben, als Strategien gegen Trockenheits- und Hitzeperioden. Zudem zeichnen sie sich durch ein ausgedehntes und ausgeklügeltes Wurzelsystem aus, um genügend Nährstoffe und Wasser aus dem Boden aufnehmen zu können (fantastisch hier die Königskerze). Pflanzen sind auch in der Lage, die Hitzeresistenz wirklich den klimatischen und zeitlichen Bedingungen anzupassen. In Dürreperioden ist die Hitzeresistenz nachmittags und abends höher als morgens, spannend oder? Pflanzen sind in der Lage, der Überhitzung der Blätter mittels ihrer Transpirationskühlung entgegenzuwirken. Zudem spielt auch die Speicherkapazität in den Blättern eine Rolle (Sukkulenten).
Anpassungsfähigkeit
Pflanzen wollen leben, wollen ihren Bestand und ihre Art erhalten. Fehlende Schutzmechanismen gegen Dürre und Hitze führen zu Funktionsstörungen, die sich auch negativ auf die Assimilations- und Reproduktionsorgane auswirken können, daher kommt es ihnen entgegen, dass sie jeden Reiz in eine für sie tragbare wirksame Information umwandeln können. Sie sind dazu noch effizient und zielgesteuert, erfolgsorientiert und neidlos. In alpinen Räumen, wo die Strahlungsüberhitzung wesentlich intensiver ist als in Ebenen tragen sie daher der kurzen Vegetationsperiode dadurch Rechnung, indem sie durch ihren immergrünen Status auch über den Winter chlorophyllhaltiges Gewebe behalten, daher den Start ins Frühjahr verkürzen.
Pflanzen in alpinen Höhenlagen sind daher oft recht kompakt, ideal angepasst. Die Stomata, die Spaltöffnungen, sowohl für den Gasaustausch als auch der Transpiration zuständig, sind entsprechend verortet. Bei Blättern finden wir daher (wie das Edelweiss zeigt) trockenheitsbedingte Metamorphosen in Form einer dicken Cuticula oder einer stark cutinisierten Epidermis, um die Transpiration so gering wie möglich zu halten. Wir sehen das auch bei Nadeln an den immergrünen Koniferen, die das ganze Jahr über, 24 Stunden am Tag auf Betrieb gestellt sind, im Grunde eine unglaubliche Leistung. Und innerhalb des Cytoplasmas (Protoplasma) sind es ganz bestimmte Proteine (HSP90, HSP70 u.a. sowie Ubisquitine), die für die interne Stabilität und gleichzeitige für die Reparatur der Zellwände, Mitochondrien und Chloroplasten sorgen. Natürlich sind die internen biochemischen Prozesse viel komplexer, die Strategien gegen Hitze und Dürre entwickeln können, von denen wir nur lernen können.
Und warum der Hitze trotzen? – weil es notwendig ist
Natürlich ist die Problematik hinsichtlich fortwährender Trockenheiten und wiederkehrender Dürren bekannt, schon lange. Ebenso natürlich wird unter Schlaglichtern wie „urban heating“ diese Thematik diskutiert. Aber eben nur diskutiert. Den realen Willen, ernsthaft und willig sich der Überhitzung, vor allem in urbanen Räumen, zu stellen, sehe ich einfach noch nicht. Trotz gegenteiliger Verlautbarungen. Aber allein schon unsertwillen sollten wir dies tun. Die Schäden und Auswirkungen wie der Verlust an landwirtschaftlichen Nutzflächen (Ernährung), die wir einfach brauchen, bis hin zu Stress, Krankheiten, psychische Belastungen, permanenten Übermüdungen durch Schlafmangel, gehen eindeutig zu unseren Lasten. Sogenannte botanische Kühlsysteme, natürliche Wasserregulationen führen zu Wohlgefühl und fördern die Gesundheit. Die hartnäckige Verweigerung, sich dem Leben zu stellen erscheint mir daher rätselhaft.