„Permakultur als Aufruf zu einer lebens- und liebenswerten Zukunft“
„Permakultur ist das bewusste Design sowie die Unterhaltung von landwirtschaftlich produktiven Ökosystemen, die die Diversität, Stabilität und Widerstandsfähigkeit von natürlichen Ökosystemen besitzen. Die Philosophie hinter Permakultur ist eine Philosophie, die mit und nicht gegen die Natur arbeitet, eine Philosophie, der fortlaufenden und überlegten Observation und nicht der fortlaufenden und gedankenlosen Aktion; sie betrachtet Systeme in all ihren Funktionen, anstatt nur eine Art von Ertrag von ihnen zu verlangen, und sie erlaubt Systemen ihre eigenen Evolutionen zu demonstrieren.“ (Permakultur nach Bill Mollison)
Ein paar Grundgedanken zur Permakultur
Permakulturell gestaltete Lebensräume verstehen sich als in sich geschlossene Systeme aufgefasst, in denen das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen so miteinander verknüpft wird, dass das gesamte Konglomerat zwischen Mensch, Tier und Pflanze als kleine Unter-Systeme zusammen Systeme zeitlich und räumlich unbegrenzt funktionieren und die Bedürfnisse aller Elemente optimal erfüllt werden, wobei Zeit und Raum relativ sind. In der Permakultur gibt es keine absoluten Nennwerte. Bei der Planung und Realisierung solcher Permakultur-Systeme gelten insbesondere die Selbstregelungsprozesse natürlicher mensch-freier Ökosystem als Vorbild. Es ist wieder mal die Natur, die als Handlauf für lebensbejahende konstruktive Prozesse dient. Prägend sind vor allem systemische integrative Denkansätze und Erkenntnisse aus der Systemtheorie, Biokybernetik und Tiefenökologie sowie der Biologie und Physik.
Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit nicht nur auf die einzelnen Bestandteile (= Elemente), sondern insbesondere auf die Beziehungen zwischen den Elementen und deren optimale Nutzung für den Aufbau produktiver Systeme.
Permakulturelle Ideen und Konzepte zielen in erster Linie auf die Erhaltung und schrittweise Optimierung des jeweiligen Systems sowohl für kurzfristige eigene individuelle und kollektive Bedürfnisse als auch für nachfolgende Generationen oder Nachbarn. Wichtig ist, dass das System dabei immer produktiv, flexibel und anpassbar bleibt. Gleichzeitig wird bestmögliche Berücksichtigung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Bedürfnisse aller beteiligten Akteure im gesamten System angestrebt. Ziel ist primär, dass sich das System langfristig selbst regulieren kann bzw. durch minimale Eingriffe in einem dynamischen Gleichgewicht gehalten werden kann. Wie bereits erwähnt hilft uns dabei die Natur als Vorbild, konkret meine ich die beobachtbaren Selbstregulationsprozesse in Ökosystemen wie Wäldern, Seen und Meeren. Grundsätzlich gehört zum Instrumentarium, dass zumindest eine Basis von natürlichem Grundverständnis vorhanden ist, eine ebenso nicht unbedeutende Rolle spielt zudem die Fähigkeit, die Natur wirklich wahrnehmen zu können.
Zurück ins Leben
Permakultur basiert auf der traurigen Grundlage, dass in unseren postmodernen durchindustrialisierten radikalmaterialistischen Gesellschaften linear-kausale Prozesse und Abläufe dominieren und dies nicht nur offensichtlich ersichtliche, sondern auch langfristig destruktive Folgen hat. Wir sehen dies an allen Ecken und Kanten unseres Planenten, wenn wir die Augen aufmachen. Permakultur nach Mollison und Holmgren versteht sich als ein ganzheitliches systemisches Denken und Handeln, quasi als Gegenentwurf zu linear-kausale Handlungsmaximen. Ein fast zwangsläufig generierter Ansatz, da der Mensch prinzipiell in Systemen lebe und linear-kausales Denken und Handeln erkannte Probleme nicht lösen könne, sondern nur räumlich und zeitlich verschiebt. Der Mensch ist tatsächlich der einzige Akteur innerhalb des Ökosystems, der eher Probleme verursacht als sie zu lösen. Linear-kausales Denken verleite dazu, das momentan offenkundig störende Geschehnis fälschlicherweise als alleinige Ursache anzusehen. Außerdem erzeuge linear-kausales Vorgehen durch lediglich symptomatische Korrekturen ständig neue Probleme. Leider hat sich an diesem Dilemma bis heute nichts geändert. Probleme werden nach wie vor nur verschoben, nicht gelöst.
Sowohl im Rahmen der Vorbereitung und Planung, als auch später in der Umsetzung und als Bestandteile in der Ausbildung eignet sich am besten ein methodischer Ansatz das Action Learning, in dessen Rahmen sich Denken und Handeln abwechseln sollen.
Mitte der 1970er Jahre entwickelten die beiden Australier Dr. Bill Mollison und David Holmgren Ideen zum Aufbau landwirtschaftlicher Systeme, mit denen die Nahrungsversorgung langfristig besser sichergestellt werden soll als mit den vorherrschenden industriell-konventionellen Anbaumethoden. Sie beobachteten, dass die industrielle Landwirtschaft durch ihre Präferenz für Monokulturen und dem massiven Einsatz von Pestiziden Boden und Wasser verschmutze, die Biodiversität reduziere und jedes Jahr tonnenweise ehemals fruchtbaren Boden der Erosion ausliefere. Heute werden solche Beobachtungen weltweit bestätigt und zunehmend kritisiert. Allerdings nur kritisiert, ehrliche und ernstgemeinte Strategien, also lebensbejahende Gegenentwürfe sind noch immer Mangelware. Das Postulat der Permakultur, destruktive lebensverneinende Prozesse und Vorhaben, wie ich es nenne, zu vermeiden, und von einem passiven beobachtenden Denken in ein aktives schöpferisches Denken zu gelangen, die Transformation von einem destruktiven lebensverneinenden Handeln zu einem konstruktiven lebensbejahenden Handeln zu vollziehen, steht meiner Ansicht noch immer. Höchste Zeit, den notwendigen Perspektivwechsel, den Wandel, herbeizuführen, denn: „Wer ständig glücklich sein möchte, muss sich oft verändern.“ (Konfuzius)
Mollison und Holmgren prägten für ihren neuen Denkansatz den Begriff „Permakultur“, permanent agriculture (dt. ‘dauerhafte Landwirtschaft’). Allerdings war schon damals dieser Terminus nicht neu, permanent agriculture wurde erstmals 1911 vom amerikanischen Agrarwissenschaftler Franklin Hiram King in einem ähnlichen Sinne verwendet, um die nachhaltigen Anbaumethoden in China, Korea und Japan zu beschreiben (F.H. King: 4000 Jahre Landbau in China, Korea und Japan).
Mollison und Holmgren definierten „Permakultur“ zunächst als Planung, Entwicklung und Bewirtschaftung integrierter, sich selbst entwickelnder Systeme aus mehrjährigen und sich selbst vermehrenden einjährigen Pflanzen und Tierarten, die im Einklang mit den jeweiligen Umweltbedingungen und den Bedürfnissen ihrer Nutzer stehen. Ihre Ansätze verfeinerten sie mithilfe ihrer Erfahrungen aus unzähligen gemeinsamen Projekten, wobei vor allem der soziale Aspekt einen immer größer werdenden Raum in ihren Überlegungen eingenommen hat.
Während der 1980er Jahre entwickelte sich aus einem ursprünglich landwirtschaftlichen Konzept ein holistisch-integrativer Denkansatz zur Gestaltung sozialer Siedlungsräume in Harmonie mit natürlich gewachsenen Habitaten im Sinne einer „permanent agri-culture“. Ein scheinbar neuer Ansatz begann, die Welt zu erobern, aber eben nur bedingt.
Leitsätze der Permakultur
Die Idee der „Permakultur“ unterliegt einigen Prinzipien, die im Sinne einer integrativen, zukunftsfähigen Gestaltung unserer Lebensräume von Beginn an auch zur Thematisierung von ethischen Grundgedanken geführt hatte. Die Stärke eines permakulturellen Ansatz sehe ich persönlich vor allem darin, dass es sich hier mitnichten um einen dogmatischen linearen Ansatz handelt. Im Gegenteil, auch die ethischen Grundgedanken, die inhaltliche Ausrichtung ist einem ständigen Wandel ausgesetzt, die Anpassungsfähig beeindruckt, daher ist „Permakultur“ im Forst genauso umsetzbau wie im privaten Hausgarten, auf dem Schulhof, im Gemüsebau oder auch in Wassergärten u.v.a.
„Nichts ist so beständig wie der stetige Wandel“. Wusste schon Heraklit.
Diese ethischen Grundwerte decken, die oben erwähnten, ökologischen, ökonomischen und sozialen Komponenten ab und lassen sich mit folgenden drei Termini zusammenfassen:
1. Achtsamer Umgang mit der Erde (Earthcare) – diese Komponente zielt auf den behutsamen und vorausschauenden Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen (Ressourcen), die als ein Geschenk der Erde für alle Lebewesen aufgefasst werden. Um ein Permakultur-Projekt als ökologisch wertvoll und nachhaltig bezeichnen zu können, sollen die natürlichen Regenerationszyklen (Stoff- und Energiekreisläufe) der lebenserhaltenden Systeme bewusst und langfristig eingeplant werden.
2. Achtsamer Umgang mit den Menschen (Peoplecare) – diese Komponente nimmt insbesondere Rücksicht auf die Selbstbestimmungsrechte aller Menschen. Hier wird das Problem von Freiheit und Verantwortung besonders deutlich. Allen das Recht auf eine frei gestaltbare Nutzung der Lebensgrundlagen zu gewährleisten, erfordert eine Balance zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Bedürfnissen. Hieraus entspringt eine ethische Forderung nach sozialer Gerechtigkeit. Alle Menschen sollen das gleiche Recht auf Zugang zu den Lebensgrundlagen (Ressourcen) haben.
3. Selbstbegrenzung (Wachstumsrücknahme) und Überschussverteilung (Limits to consumption and growth, redistribution of surpluses) – hier geht es um die begrenzte Belastbarkeit und Regenerationsfähigkeit des Planeten Erde ab. Menschen sollen lernen, eine zukunftsfähige Selbstbegrenzung in Bezug auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse auszuüben, als Einzelne und als Gemeinschaft. Die dritte Komponente steht daher für eine bewusste Umsetzung von Selbstbegrenzung und einer (Rück)Verteilung der gemeinsam erzielten Überschüsse.
Als eine nachhaltige Bewirtschaftungsform zielt Permakultur darauf ab, Erträge langfristig in ausreichender Höhe sicherzustellen und dabei den Arbeitsaufwand (Energieverbrauch) zu minimieren.
Permakultursysteme zeigen auf, wie sich Einzelne und Gemeinschaften mit einem geringen Ressourcen-, Platz- und Zeitaufwand und einem Verständnis für natürliche Kreisläufe weitgehend selbst versorgen können, daher stößt die Permakultur-Idee insbesondere in Selbstversorger-Kreisen und auch bei denjenigen, die der Gier und Habsucht, dem Verschwendungswahn und der Ausbeutungsmanie nichts abgewinnen können, auf eine positive Resonanz. Denn der Schwerpunkt liegt neben dem achtsamen Umgang mit Mutter Erde „Gaia“ vor allem auf dem Umgang mit den eigenen, wirklichen Bedürfnissen.
Zudem zeichnen sich Permakultur-Projekte durch ihren absolut ökologisch-sozialen Bezug aus, denn Permakultur-Projekte unterstreichen, wie Umwelt-, Landschafts- und Naturschutz wirklich funktionieren, denn hier spielen beispielsweise die Speicherung von Regenwasser und Sonnenenergie, das Entsiegeln von befestigten Flächen, die Wahrung der Bodenfruchtbarkeit, die Achtung der Biodiversität, das Praktizieren einer naturnahen und wirksamen Abfallvermeidung, der Einsatz standortgerechter gesunder Pflanzen, die Auswahl natürlicher regenerativer Materialien usw. usf. eine wesentliche Rolle. Permakultur sehe ich wie eine Art Energieerhaltungssatz, wo aus jedem Output an anderer Stelle wieder ein Input. Ein durchaus sinnvoller Gegenentwurf, rätselhaft, warum noch immer destruktive Grundsätze in der Landwirtschaft, im Gartenbau oder auch im Siedlungsbau dominieren.
Charakteristisch für die Permakultur stehen nachfolgende Leitsätze als Grundsäulen:
Langfristig statt kurzfristig
Permakultur sieht sich ethisch verpflichtet, nachfolgenden Generationen und Nachbarn einen größtmöglichen Gestaltungsspielraum zu gewährleisten. Boden, Wasser und alle anderen lebenserhaltenden Ressourcen sollen für langfristige Nutzung bewirtschaftet und so bewahrt werden. Der kollektive Gemeinsinn zählt.
Vielfalt statt Einfalt
Die Sicherstellung regenerativer Stoffkreisläufe wird vor allem durch die ökologische Vielfalt gewahrt, wissen tun dies im Grunde viele, nur an der Umsetzung kneift es. Vielfalt (Biodiversität) ist ein zentrales Anliegen von Permakultur. Natürlich gewachsene Ökosysteme gelten hier als Vorbild. Kulturell geschaffene Systeme sind definitiv stabiler, gesünder, produktiver und nachhaltiger, wenn sie ebenso vielfältig aufgestellt sind.
Für ein permakulturelles Projekt sind vier Aspekte von Vielfalt bedeutsam:
Artenvielfalt – die Anzahl unterschiedlicher Arten an Pflanzen und Tieren. Sie ist eine unerlässliche Bedingung zum Aufbau und Erhalt von Ökosystemen, sowie für eine beständige Anpassungsfähigkeit an evolutionäre Veränderungen.
Genetische Vielfalt – die Anzahl verschiedener Sorten und Arten an Pflanzen und Tieren. Sie ist wichtig für die Sicherstellung regional angepasster, gesunder und ausreichender Nahrung. Genmanipulation und einseitige Hochzüchtung bestimmter Sorten gefährden nach Ansicht der Permakultur das menschliche Überleben, wenn andere Sorten dadurch nicht weiterhin genutzt werden, bzw. sukzessive verschwinden. Eine Problematik, die vor allem gegenwärtig (Stand Dezember 2021) virulent und gefährlich ist.
Ökologische Vielfalt – Ökosysteme/Biotope mit ihren Wildpflanzen und Tierarten, sowie die zahlreichen Nischen, die diese für sich nutzen. Diese unterschiedliche Nutzung vorhandener Ressourcen wiederum fördert und gewährleistet Artenvielfalt und genetische Vielfalt.
Kulturelle Vielfalt – insbesondere die unterschiedlichen Anbautechniken, Ver- und Entsorgungssysteme, Architektur und Siedlungsbau. Hier bedeutet Permakultur die genaue Beobachtung und Planung mit lokalen/regionalen Besonderheiten und die vorwiegende Nutzung vorhandener Ressourcen. Dieses Vorgehen führt zum Einsatz jeweils angepasster Technologien und setzt auf den Erhalt erfolgreicher gewachsener Strukturen.
Optimieren statt Maximieren
Nachhaltige effiziente kleinräumige Nutzung vorhandener Ressourcen durch Vielfalt und kooperative Nischen optimieren, um langfristig gute Erträge zu erwirtschaften. Hier geht es vor allem um Effizienz, die Natur dient uns hier als Vorbild, wie immer.
Dewenn je höher die genutzte Vielfalt und deren produktives Umsatzvermögen, desto weniger Energie muss ich in das System hineinstecken. Nebenbei erhöht die Vielfalt die Ausfallsicherheit des Systems.
Aus diesem Grund wird bei einem permakulturellen Projekt mehr auf die Beziehungen zwischen den Elementen geachtet als nur auf die Elemente an sich.
Für alle Systeme gibt es eine optimale Größe, deren Überschreitung existenzgefährdende Nachteile mit sich bringen würde: kurz- oder langfristige Ineffizienz (Abnahme der Produktivität bzw. des Wirkungsgrades, Unternutzung von Ressourcen, negative Gesamtenergiebilanz),Erstarrung (Abnahme der Flexibilität, destruktive Eigendynamik, Kollaps), Schäden (ausgelaugte Böden, kranke Pflanzen, fehlerhafte Installationen u.ä.).
Die optimale Größe betrifft sowohl das räumliche Ausmaß als auch die Wachstumsdynamik der Systemelemente: kurze Wege und dichte Kreisläufe sind kurz- oder langfristig effizienter als großräumige Strukturen; Vielfalt von Beziehungen (Multifunktionalität) und begrenztes Wachstum (Sättigung) der Elemente gewährleisten Flexibilität, Dauerhaftigkeit und Selbstregulation von Systemen, achtsamer Umgang mit den vorhandenen Ressourcen und sinnerfüllte Installationen und bauliche Einrichtungen.
Kooperation statt Konkurrenz
Gerade die Natur demonstriert tagtäglich, wie erfolgreich Kooperationen sein können. Wir sollten genauer hinschauen. Allein im eigenen Garten drängen sich Tiere wie Hühner, Laufenten und Gänse als produktive Gartenhelfer auf, früher wussten die Menschen das.
Eine wirklich effiziente Nutzung bedingt kooperative Strukturen, wie etwa eine biologische Schädlingsregulation. Mit hohem Energieaufwand hergestellte Pestizide vertreiben nicht nur die ‘Schädlinge’, sondern auch die ‘Nützlinge’, die uns viel Arbeit abnehmen können. Inzwischen sollte allen Protagonisten bekannt sein, das chemische Erzeugnisse in biologischen Kreisläufen nichts zu suchen haben, da sie nur zerstören.
Destruktive und zerstörerische Einflüsse gefährden das gesamte System bis hin zum Kollaps. Statt also mit verschwenderischem Einsatz von Pestiziden zu versuchen, mit den ‘Schädlingen’ zu konkurrieren, hilft die Nutzung kooperativer Selbstregulation die Produktivität mit minimalem Aufwand zu sichern.
Gestaltungsprinzipien nach Mollison
1. Multiple Elements – Jede Funktion des Systems wird von mehreren Elementen erzeugt.
2. Multiple Functions – Jedes Element des Systems hat mehrere Funktionen.
3. Zones – Zonierung der einzelnen Systembereiche nach Nutzungsintensität.
4. Natural Succession – Berücksichtigung der natürlichen Entwicklung eines Elementes bzw. des Systems.
5. Optimize Edges – Optimierung der Randzonen als besonders aktive Bereiche des Systems.
6. Relative Location – Der relative Aufenthaltsort (Nische) eines Elements innerhalb des Systems.
7. Elevational Planning – Systementwicklung durch aufeinander aufbauende Elemente.
8. Energy Recycling – Wiederverwendung von Energien und Stoffen innerhalb des Systems.
9. Natural Ressources – Nutzung der natürlichen Ressourcen eines Systems.
10. Sectors – Identifizierung und Nutzung der von außen auf das System wirkenden Einflüsse (Sektoren).
11. Patterns – Verwendung von Entwurfsmustern zur Strukturierung des Systems.
12. Diversity – Schaffung einer großen Vielfalt von Elementen innerhalb des Systems.
Erweiterte Gestaltungsprinzipien nach Holmgren
Für einen sanften und gleichzeitig produktiven Übergang von einer destruktiven High-Energy-Industriegesellschaft hin zu einer nachhaltigen und lebensfreundlichen Low-Energy-Kultur.
1. Observe and Interact – Sorgfältige Beobachtung systemischer Abläufe und durchdachte Interaktion mit den Systemelementen.
2. Catch and Store Energy – Wiederentdeckung und adäquate Nutzung von Energieträgern, die für alle Kulturen ein (überlebens)wichtiger natürlicher Reichtum waren: Wasser, Bodenhumus, Saatgut und Bäume.
3. Obtain a Yield – Implementierung und Erhaltung ertragreicher Systeme wird Nachahmer inspirieren.
4. Apply Self-regulation and Accept Feedback – Selbstregulationsprozesse (produktive Feedbackschleifen) in den Systemen erkennen und nutzen.
5. Use and Value Renewable Resources – Behutsame aber produktive Nutzung von erneuerbaren Ressourcen (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse).
6. Produce No Waste – Abfallvermeidungs- und -verwertungskaskade: refuse, reduce, reuse, repair, recycle.
7. Design from Patterns to Details – Erfolgreiche Gestaltung erfordert zunächst ein Verständnis der übergeordneten Muster in der Natur.
8. Integrate Rather than Segregate – Kooperation vielfältiger Elemente statt Eliminierung einzelner und Konkurrenz untereinander.
9. Use Small and Slow Solutions – Kleine und langsame Lösungsstrategien machen Systeme für Menschen leichter überschaubar und langfristig produktiver als große mit hohem Energie- und Zeitaufwand.
10. Use and Value Diversity – Die Vielfalt von Elementen in Systemen nutzen und bewahren. Dies erhöht die Ausfallsicherheit und ermöglicht wiederum langfristige Selbstorganisation.
11. Use Edges and Value the Marginal – Den Reichtum und die Bedeutung von Randzonen (Übergänge von Systemen) erkennen und nutzen.
12. Creatively Use and Respond to Change – Kreative Nutzung natürlicher Kreisläufe und Sukzessionsfolgen, um auf kommende Herausforderungen flexibel und adäquat antworten zu können.
Die Erhaltung eines permakulturell gestalteten Systems zielt letztlich auf eine Optimierung im Sinne einer langfristigen Produktivität, die dauerhaft, nachhaltig und vor allem umweltverträglich sein soll. Ergänzungen bzw. Verfeinerungen der implementierten Gestaltungslösungen erfolgen durch kontinuierliche Beobachtung und Evaluation. Ziel ist eine bestmögliche Selbstregulation nach dem Vorbild der Natur durch geringe und behutsame Eingriffe.
Zonierung
Die Zonierung dient unter anderem der Energieeffizienz, zum Beispiel der Optimierung von zurückzulegenden Wegen, allerdings auch als kleine Planungshilfe.
Unterteilung in Zonen:
Zone 1: Intensive Nutzungszone (Küchengarten)
Zone 2: Halb-intensive Nutzungszone (Gewächshaus, Gemüse)
Zone 3: Extensive Nutzungszone (Streuobstwiese, Tiere, Getreide)
Zone 4: Pflegearme Zone (Wildwiese, Wildobst, Windschutz)
Zone 5: Natur- und Wildniszone (Wald, Meditations- und Naturraum)
Aufbruch ins Leben – es liegt an uns!!!
Unsere Mutter Erde, bei den alten Griechen noch „Gaia“ genannt, stellt sich für als eine atemberaubende lebendige und durch und durch lebensfrohe Schöpfungsquelle dar, die allen Akteuren eines ganzheitlichen komplexen Ökosystem eine Heimat bietet. Ihr haben alle Wesen ihr Dasein zu verdanken, auch wir Menschen, umso trauriger macht es mich, zu beobachten, wie respektlos und zuweilen ignorant insbesondere der Mensch, der „homo ignorantus“ mit seinem Lebensspender umgeht. So etwas ziemt sich nicht als Gast mit einer recht kurzen Verweildauer. Noch trauriger stimmt mich allerdings, dass die destruktiven lebensverneinenden Handlungsmaximen kein Ende zu nehmen scheinen.
Gier, Habsucht und Egoismus dominieren fast sämtliche menschliche Interaktionen, Aktivitäten und Vorhaben. Unaufhaltsam donnern seelenlose von Menschen angetriebene Maschinen über notwendige lebenserhaltende Vegetationsflächen hinweg, völlig sinnentstellt pflügt der „homo ignorantus“ über einen Planeten hindurch, dessen zweifelhafte Besitzansprüche ich bis heute nicht nachvollziehen kann. Noch weniger verstehe ich den Drang, permanent seine eigenen Lebensgrundlagen und auch gleich die der „Mitbewohner“ zerstören zu müssen. Dieser von Gier getriebene Raubbau mag sich mir einfach nicht erschliessen. „Wer das Leben nicht schätzt, verdient es nicht,“ meinte schon Leonardo da Vinci.
Es ist zu offensichtlich, dass die Mehrheit der Menschen falsch abgebogen sind und den Weg in ihren Exodus mit Pauken und Trompeten. Im Gegensatz zur Fauna und Flora scheint der Mensch das einzige Wesen zu sein, welches nicht leben und überleben will. Für mich klingen diese Entwicklungen, auch die gegenwärtigen völlig lebensverachtenden Geschehnisse wie ein gewollter Flächensuizid, dem wohl auch einige der Verursacher dieses Irrsinns zum Opfer fallen werden.
„Man soll weder annehmen noch besitzen, was man nicht wirklich zum Leben braucht.“ (Mahatma Gandhi)
Jedoch gehen glücklicherweise nicht alle den Weg in die Finsternis, im Gegenteil. Mehr und mehr Menschen wachen auf, widersetzen sich, denn sie wollen schlichtweg leben. Vor allem wollen sie gesund leben, dazu liefert die Permakultur, meiner Meinung nach, ein feines Instrument, dieses Leben anzunehmen und zu genießen, in Anlehnung der wunderbaren Selbstregelungsmechanismen natürlicher Ökosysteme. Wir, also diejenigen, die entschieden haben, unseren Planeten respektvoll entgegenzutreten, sich für ihr Dasein zu bedanken und wohlwollend und hoffnungsfroh in die Zukunft zu gehen, erschließt sich letztlich eine wunderbare helle und lebenswerte Welt. Denn die Natur belohnt Offenheit, Demut und Anstand.
„Krankheiten befallen uns nicht aus heiterem Himmel, sondern entwickeln sich aus täglichen Sünden wider die Natur. Wenn sich diese gehäuft haben, brechen sie unversehens hervor.“ (Hippokrates).
Die Permakultur liefert Leitsätze zur Gestaltung von naturnahen und liebenswerten Lebensräumen, im Einklang der Natur, deren Umsetzung sich für mich und für viele anderen, erwachten Menschen als lohnenswertes Ziel offenbart. Gehen wir es also an, oder?
„Achtet auf die Pflanzen, denn sie wissen, was sie tun!“
Quellen:
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