Botanisch gegen Hochwasser und Staunässe
Wie schon mehrfach erwähnt und immer wieder wie eine botanische Endlos- Schlaufe wiederholend, in der Tat ist es so, dass Pflanzen über erstaunliche Fähigkeiten und Adaptionsmöglichkeiten verfügen, um ihre Art zu erhalten, sich selbst zu versorgen oder zu vermehren, letztlich um einfach zu überleben.
Mann/Frau kann es einfach nicht anders: sie sind einfach faszinierend und „clever“, so auch hinsichtlich des Themas Hochwasser oder Staunässe, neben Naturgefahren wie Waldbränden, Erosionen, Erdbeben, Dürren u.v.a. ein weiteres ökologisches Dilemma, welches unser Dasein sowohl in der Gegenwart als auch in Zukunft begleitet und begleiten wird. Umso mehr, weil die „erdachten“ Methoden und Maßnahmen zur Vermeidung und Prävention von Hochwasser und Überschwemmungen auch hier schlichtweg falsche sind. In diesem Fall gilt ebenso, dass wir die zukünftigen Herausforderungen botanisch und nicht technisch begegnen müssen – der „technisierte“ Mensch sollte dies langsam begreifen, wenn er überleben will – ob er will oder nicht.
Gerne „verwöhne“ ich Euch mit ein paar Erklärungen, erstaunliche botanischen Anpassungen:
Extreme Luftfeuchtigkeit: Pflanzen, die an Standorten mit extremer Luftfeuchtigkeit vorzufinden sind, nennt man/ frau Hygrophyten, wie zum Beispiel Ruellia portellae ( Ruellie, ein Akanthusgewächs), eine „Zimmerpflanze“. Sie verfügt nicht über einen Austrocknungsschutz (dünne Cuticula, Blatt nicht sklerifiziert, Stomata über die Epidermis emporgehoben, Haare zur Oberflächenvergrößerung). Diese Pflanzen transpirieren nicht, sondern hier erfolgt die Wasserabgabe über Hydathoden (Guttation).
Extreme Bodenfeuchtigkeit: Pflanzen wie Cyperus papyrus (Papyrus), ein Gras, das an dauernd überfluteten Standorten lebt und überlebt; Sumpfpflanzen (Helophyten), finden wir auf Sumpfböden, die aufgrund der geringen Diffusion von Sauerstoff in Wasser meist anaerob sind. Rhizome, Wurzeln und Sprosse sind daher von Aerenchym, einem sog. Luftgewebe durchzogen wie wir an den Mangroven (Rhizophora mangle) beobachten können. Mangroven finden wir an häufig durch Meerwasser überflutete Standorte, sie verfügen über holzige Wurzeln und das Problem der Sauerstoffversorgung, wenn diese Wurzeln im anaeroben Schlamm stecken, lösen sie durch ihre „Atemwurzeln“, erstaunlich oder? Zudem stechen ihre ökophysiologischen Anpassungen an wechselnden Salzgehalt (Meerwasser bei Flut, Aussüßung bei Ebbe) heraus. Sie besitzen auch Stelzwurzeln für eine bessere Verankerung im Brandungsbereich, nur mit Schlamm als Untergrund. Besonders spannend für mich ist die Form der Fortpflanzung, die Viviparie, dabei keimen auf der Mutterpflanze, es entsteht ein massiver Keimling mit langer Keimwurzel und dieser Keimling fällt dann einfach in den Schlamm hinab, das war’s.
Wasserpflanzen (Hydrophyten): Die Hydrophyten lösen die Sauerstoffproblematik wie die Sumpfpflanzen, auch sie verfügen über das Aerenchym in Sprossen und Blättern, sie haben keine Wurzeln oder recht selten, besitzen keine Cuticula, dafür haben sie Blätter mit großer Oberfläche und über diese Blattoberfläche erfolgt die Nährstoffaufnahme.
In Ufernähe (bis zu 3m Wassertiefe) wurzelnde Pflanzen (Helophyten): Auch Schwimmblattpflanzen genannt wie die Familie der Seerosen (Nymphaea alba u.a.) mit Rhizomen, die bis an den Boden reichen können. In den langgestielten Blättern finden wir wieder Aerenchyme im Blattstiel, die Stomata dagegen auf Blattoberseite. Eine Besonderheit, die vielen bekannt sein wird, ohne sie wirklich zu kennen, stellt die Lotusblume (Nelumbo nucifera) dar. Sie ihre erhebt Blätter und Blüten über die Oberfläche, auffallend dabei die Unbenetzbarkeit der Oberfläche, sie reinigt sich quasi von selbst. Dies gelingt dadurch, dass die Blattoberfläche aufgerauht ist mit mikroskopischen Wachskristallen, bedeutet, die Partikel können sich nicht an die Oberfläche binden. Sie werden durch Wasser sofort weggespült.
Sonderfall Schwimmpflanzen: Sie wurzeln nicht im Boden, treiben auf der Oberfläche, somit haben sie nicht die Erschwernis, Energie aufwenden zu müssen, um ans Licht zu kommen. Fantastisch eigentlich. Konkurrieren sehr erfolgreich ums Licht. Beispiele hierfür sind: Salvinia, unbenetzbar, unsinkbar; Pistia stratiotes u.v.a.
Ich habe exotische Beispiele angeführt, aber so weit müssen wir gar nicht schauen. Einige erstaunliche Überlebenskünstler finden wir direkt vor unsere Haustüre, in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Pflanzen der hiesigen Auwälder können im Wurzelbereich besondere Anpassungen an den wechselnden Wasserstand zeigen. Die Flatterulme wechselt im Alter ihr Wurzelsystem von einer Pfahlwurzel zu einer Herzwurzel, um möglichst viel Boden oberhalb des Grundwasserspiegels zu durchwurzeln. Auf ganzjährig wassergesättigten und nahezu sauerstofffreien Böden mit intervall-mäßigen Hochwassern finden wir die Schwarz-Erle (Alnus glutinosa, die ihre Wurzeln über Atemöffnungen im Stamm mit Sauerstoff versorgt (Aerenchym).
Erlen und Weiden verfügen in ihren Wurzeln über große luftgefüllte Zwischenräume zwischen den Zellen (Interzellularen), in denen der Sauerstoff transportiert wird. Dieser kann oberirdisch über sog. Korkwarzen (Lentizellen) aufgenommen werden und durch Diffusion sowie Thermo-Osmose zu den Wurzeln transportiert werden, ein überaus durchdachtes System. Manche Weiden verbreiten sich bevorzugt über abgebrochene Aststücke, die anlanden und Wurzeln schlagen (z. B. Bruchweide, daher der Name). Ihr erinnert Euch? Pflanzen als repetitiv-modulare Organismen, die teilbar sind, daher auch „leben“, wenn „Mensch“ meint, sie wären „tot“? Darüber hatte ich Euch schon berichtet. Ebenso ist typisch ist die relativ hohe Wachstumsgeschwindigkeit für Weichholz-Bäume wie die Weide, da der natürliche Fluss ständig die Morphologie des Uferbereiches verändert. Können wir so etwas auch?
Wohlwissend, dass der „homo ignorantus“ weiterhin „ohnmächtig“ die Problematik von zukünftigen Hochwassern und Überschwemmungen entgegentreten wird, weiterhin falsche technische Methoden und Maßnahmen ergreifen wird, wiederhole ich auch hier meine Aufforderungen, die Pflanzen zu Rate zu ziehen. Denn auch in dieser Thematik haben sie die passenden Antworten, also fragt sie.
Denn: “Achtet auf die Pflanzen, denn sie wissen, was sie tun!“ In diesem Sinne bis zum nächsten Mal und wieder freue ich mich über Eure Statements oder Ergänzungen hier oder via Email gartenarchitekt44@gmail.com